Agnes(i) Pfeffer im Interview
Wie bist Du zum Tango gekommen und
was hat Dich auf die Idee gebracht Tango-Veranstaltungen in Wien zu
organisieren? Ich brauchte mehrere Anläufe bis ich vor rund 6 Jahren meine Tanzanfänge im Aera und im Cafe Urania machte. In letzterem begann ich auch meine TJane- Erfahrungen. Dass ich vor knapp vier Jahren begonnen habe selbst Abende zu organisieren, hat sich von selbst ergeben – als ich die Gelegenheit nutzen wollte, dass ich im Zuge einer Ausstellungseröffnung in der Albertina (in Zusammenarbeit mit dem Da Ponte Institut) ein Trio aus Paris einladen konnte und diese zumindest ein zweites Mal spielen lassen wollte. So kam es, dass ich meine erste Milonga organisierte und zu meiner großen Freude rund 100 Leute kamen. Und da ich immer mehr Musik ansammelte ergab es sich auch, dass ich nicht nur im Cafe Urania auflegte, sondern später dann sporadisch auch bei der Crossover Milonga, in der Galeria Ideal, beim Atelierrundgang im 2. Bezirk bei Gerhard Leixl; oder einzelne relativ spontane Tanzabende in Zusammenarbeit mit Freundinnen – im Nestroyhof und Cafe Kandinsky – und bei ein paar Abenden mit Live Musik im Cenario mit dem Trio Garufa! Vor nicht ganz zwei Jahren habe ich dann den Volksbrottango im DORF weitergeführt, den Christian Oberndorfer mit den Organisatoren vom DORF vor fünf Jahren ins Leben gerufen hatte. Der Volksbrottango ist keine Milonga, sondern das Dorf, unser Konzept und meine Musik bieten einen Raum für Tango-Begeisterte aller Art. Es soll Platz sein für „Hör-, Tanz- und Seh-Genüsse“, für Tango-TänzerInnen ebenso wie für jene, die improvisieren wollen, oder auch für jene, die einfach nur der Musik lauschen wollen. Leider ist dies schwieriger umzusetzen als gedacht, da es nicht selten vorkommt, dass sich manche Leute denken „wenn ein paar tanzen, die ganz toll dabei aussehen, dann will ich gar nicht mehr tanzen“. Das ist sehr schade, denn ich wollte einen Raum schaffen, wo alles bunt gemischt sein sollte (sowohl was die Musik betrifft als auch die Leute) und jede/r das tun sollte wonach ihr/ihm ist; und eben keine Gedanken von „ich kann’s noch nicht so gut“ oder Ähnliches. Mich freut es dann sehr mitzuerleben, wenn Menschen sich keine Gedanken mehr machen, wie sie wohl aussehen, wenn sie einfach so vor sich hin tanzen oder mit Partner/in improvisieren, sich einfach der Musik und Bewegung hingeben. Dann geh auch ich glücklicher heim. :) Beim Straßenfest (das seit Jahren meistens Anfang Juli rund ums Dorf stattfindet), wo dem Tango ca. zwei Stunden gewidmet werden, gelingt diese Mischung wohl am besten – da genießen TänzerInnen die „Straßen-Atmosphäre“ und unter freiem Himmel zu sein und viele BesucherInnen das Zuschauen... von denen sich manch eine/r auch inspirieren lässt und auch zu (Tango) tanzen beginnt.
Worin besteht die Kunst
Tangoveranstalter zu sein. Ich denke, eine der wichtigsten Voraussetzungen ist, keine Erwartungen zu haben – dann hat man schon viel gewonnen. Das ist immer wieder eine Herausforderung :) Ebenso ist es wichtig ist, sich nicht für das Wohlbefinden der Leute verantwortlich zu fühlen (damit tat ich mir lange sehr schwer, manchmal auch jetzt noch), selbst wenn ich natürlich mit meiner Gestaltung (der Musik oder einer ganzen Veranstaltung) „darauf aus bin“, dass es den Menschen gut geht und sie glücklich heimgehen. Aber im Endeffekt kann man halt nie wissen, wie viele Leute kommen werden. Und manchmal wird man da schon enttäuscht.
Hast Du eine Veränderung
bzw. Entwicklung im Laufe der Jahre in der Tangoszene hier in Wien beobachten
können? Wenn ja, welche? (und wie stehst Du dazu) Ich glaube, die Leute werden sich bewusster, dass es einiges an Arbeit bedeutet, Musik aufzulegen oder Räume zu finden, sich diese leisten zu können... Meistens merkt man das auch erst, wenn man einen Abend mal selber organisiert (Raum, eventuelle Miete, (Um)Gestaltung des Raumes, Lokal oder eigene Getränke, Einkauf, Telefonieren, Musikanlage, AKM-Steuer, sonstige „Zutaten“ für eine Veranstaltung; bei Einladung von LehrerInnen oder MusikerInnen kommen noch Gage, Nächtigung, Verköstigung, Anleihe von Instrumenten, FahrerInnen oder Taxi-Kosten... hinzu). Ich habe das Gefühl, dass die Wertschätzung für die
OrganisatorInnen und ihr Tun gestiegen ist. Wie ausgeglichen erlebst du die
Beziehung zwischen dir als Tangoveranstalter und den Menschen der Tangoszene
bezüglich des Themas: Geben und Nehmen? (finanziell, ideell ..) Andererseits scheint auch die Wertschätzung, wie oben schon erwähnt, gestiegen zu sein und man zahlt gern auch mehr (oder nimmt’s halt hin). Die Relationen sind meiner Meinung nach allerdings nicht immer gerechtfertigt. Dennoch finde ich es sehr wichtig, dass es auch für jene, die sich nicht viel leisten können, Angebote geben muss, damit diese nicht wieder durch den Rost fallen und ebenso ihren Tangofreuden frönen können. Ich finde es schön, Begeisterung teilen zu können. Begeisterung für die Musik, für die Vielfalt, die der Tango bietet aber auch andere Musikarten und -stile, fürs Tanzen, für Authentizität... Begeisterung an & für sich. Lange Zeit waren sich viele Leute nicht bewusst, dass man nicht „einfach so“ (irgendwas) auflegen kann, dass es im Grunde sehr viel Arbeit und Auseinandersetzung bedarf. Ich sitze immer wieder stundenlang am Computer, um die Stücke mehr und mehr kennen zu lernen, erfreue mich daran, immer wieder etwas Neues zu entdecken, zu hören, was alles in all der Musik steckt, welche Stücke zusammenpassen... Da „gibt es“ mir dann sehr viel, wenn jemand beim Gehen zu mir kommt und sich dafür bedankt, wie schön die Musik ist oder jedes Mal aufs Neue beim Abschied die Begeisterung für meine Art von Musik Auflegen ausdrückt. Das ist sehr viel, v.a. weil es mir einfach genau darum geht: Begeisterung teilen, inspirieren, genießen, man selbst sein dürfen... Was wünscht Du Dir in Zukunft von
bzw. für der/die Wiener Tangoszene. Wenn Du einen Wunsch diesbezüglich frei
hättet, weil dich die „Tangofee“ besucht, wie würde dieser Wunsch lauten? Oder
geht sich das mit einem Wunsch nicht aus?
Was waren die Highlights und die
Tiefpunkte in deiner Arbeit für den Tango hier in Wien bzw. Österreich? Was ist
gut gelaufen und was nicht? wenn ich jemanden mit meiner Begeisterung für die Musik und Tanz anstecken kann, wenn eine Person (während ich auflege oder am Ende eines Abends) zu mir kommt und mir mitteilt, wie sehr ihr die Musik gefällt, die ich mache, wenn bei einem Volksbrottango Leute sich einfach zur Musik bewegen, sich nicht drum kümmern, ob es jemandem gefällt und sich einfach inspirieren lassen und improvisieren, wenn Leute sich wohl fühlen und Musik und Atmosphäre genießen können – ob tanzend oder zuhörend oder zuschauend... Es war auch ein Highlight, als ich die Milonga im Da Ponte Institut gemacht habe – ich war erstaunt und sehr erfreut, dass so viele Menschen einer Einladung gefolgt sind, wo die Veranstalterin nicht bekannt war. Das war fast leichter ;) Trotz allem Wissen bezüglich „keine Erwartungen haben“ oder dass man selbst ja auch nicht immer grad zu den Zeitpunkten Lust und Zeit hat, wo was los ist, ist es nicht so toll, wenn man sich bemüht, etwas zu organisieren (z.B. zusätzlich ein tolles Buffet) und dann nur sehr wenige Leute kommen. Selbst wenn es immer noch gemütliche nette Abende (oder der Nachmittag vom Frühlingstangobrunch) waren, ist es manchmal doch etwas frustrierend, vielleicht weil ich ja nur einmal im Monat was mache oder eben sporadisch Veranstaltungen.
Was hast Du aus Deiner Arbeit für den
Tango gelernt? Es ist immer wieder sehr spannend zu beobachten, wie sehr alles in Wechselwirkung steht – wenn man im Tango-Unterricht am Gleichgewicht arbeitet, dann merkt man das auch, wenn man von dort wieder raus geht. Und umgekehrt, als ich mich z.B. mal mehrere Wochen sehr zurückgezogen und mich mit viel Ruhe auf meine damalige Arbeit konzentriert hatte, dann zum Tango „zurückkam“, tanzte ich mit so viel Erdung wie ich mich selten zuvor erlebt hatte. ;) Leider hatte ich nie kontinuierlich Tango-Basisarbeit gemacht – weswegen ich mir immer wieder schwer getan hatte und tu. Solch kontinuierliches Lernen würde ich allerdings jeder/m empfehlen – und auch die passenden LehrerInnen zu suchen, und dafür vielleicht auch ein bisschen Zeit aufzuwenden. Bei der Auswahl, wie wir sie in Wien mittlerweile haben, würde ich auf jeden Fall bei mehreren schnuppern, um vergleichen zu können, wie unterschiedlich unterrichtet wird und was bzw. wer eben gerade am besten zu einem passt, wo man sich wohl fühlt, gerade richtig herausgefordert ist, Freude am Lernen hat.
Gibt es Pläne zur Veränderung deiner
Aktivitäten den Tango betreffend? Ich finde, dass Tango so oft nur mit Sehnsucht, Theatralik, Nostalgie, aber auch Aggressivität... verbunden wird. Sofern man nicht gerade z.B. Piazzolla hört, auf den dies wohl zutrifft oder vieles der Musik der letzten Jahrzehnte, bin ich der Meinung, dass Tango auch sehr viel mit Humor zu tun hat. Deswegen finde ich es auch sehr schön, dass Milongas und Valses ebenso dazugehören. In Buenos Aires wird in manchen Milongas sogar zwischendurch auch ganz andere Musik gespielt – Rock ’n’ Roll, Swing, Discomusik... – was ich herrlich fand! Und mir geht es vor allem um die Freude am Tanzen, um Spaß, um unter Freunden und Bekannten zu sein und dabei schöne Musik zu hören, darum sich zu trauen zu improvisieren, so zu tanzen, wonach einem gerade ist... Deswegen lege ich sehr viel Wert darauf, dass der Humor „in und an der ganzen Sache“ nicht zu kurz kommt. :) und verabschiede mich dementsprechend immer mit sehr fröhlichen Stücken, damit alle so swing- und schwungvoll wie möglich nach Hause tanzen! SaTho-Tango Wien
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