Christian Oberndorfer im Interview
Christian Oberndorfer ist Mitveranstalter der Crossovermilonga in Wien, siehe: http://crossovermilonga.com/ Wie seid Ihr zum Tango gekommen und was hat Euch auf die Idee gebracht Milongas, Konzerte etc. in Wien zu organisieren? Ich habe Jahre bevor ich zum Tanzen begonnen habe schon Tango-Musik gehört – anfangs vorallem Piazzolla – eh klar. Dann war ich mal mit einer Freundin (Iris, die Veteranen kennen Sie :-) abends essen und um 10h meinte sie „war sehr schön mit dir, aber jetzt muss ich zum Tango...“ und ging in den Volksgarten (den es ja heute nicht mehr gibt). Und ich ging mit – und das wars dann. Infiziert. Nach ca. 1 Jahr kannte ich dann die gängigen Tangos, die so rauf und runter gespielt wurden und das war mir dann irgendwann zuwenig. Und nicht nur mir. Da ich eigentlich über die Musik zum Tanzen kam und schon einiges anderes an Tangos kannte, und einigen Freunden es auch so ging, haben wir kurzerhand uns privat getroffen und unsere eigene Musik gespielt – ein bisschen traditionelles aber vorallem moderne und zeitgenössisch interpretierte Tangos. Da waren wir so 8-10 Leute, aber es wurden immer mehr über 2-3 Jahre. Schliesslich mündete diese private Runde in der CROSSOVER Milonga, die Martin, Susi – anfangs auch noch Beate – und ich ins Leben gerufen haben. Uns war wichtig eine Mischung zwischen traditionellen, modernen und zeitgenössischen Interpretationen zu finden, und ich glaube meistens gelingt uns das ganz gut. Nachdem wir gesehen haben, dass es funktioniert und doch viele Leute unser Konzept annehmen, haben wir Schritt für Schritt uns einen weiteren Wunsch erfüllt – mehr Live-Musik auf Milongas. Denn was gibt es geileres als zu live gespielter Musik zu tanzen! Worin besteht die Kunst Tangoveranstalter zu sein. Was ist das Schwierigste als Tangoveranstalter? Ich glaube nicht dass es eine Kunst ist, sofern man ein Konzept hat das von den Leuten angenommen wird, und man Kontinuität zeigt. Denn jeder will wissen was einen erwartet, auch wenn es Abwechslung ist :-) Schwierig ist sicher die richtigen Rahmenbedingungen zu finden, die eine schöne Milonga ausmachen (Raum, gute Tonqualität, Gastro-Angebot, gute Erreichbarkeit, etc.) und die finanzierbar ist. Ausserdem braucht man Geduld und langen Atem bis sich die Milonga etabliert, das braucht meiner Erfahrung nach in Wien schon mal 1 Jahr. Da wir glücklicherweise 3 Organisatoren sind, können wir uns die organisatorischen Arbeiten, die echt nicht zu unterschätzen sind, aufteilen – ansonsten kann natürlich der Zeitaufwand irgendwann auch ein Problem werden, weil schliesslich ist es ja noch immer „nur“ ein Hobby... Habt Ihr eine Veränderung bzw. Entwicklung im Laufe der Jahre in der Tangoszene hier in Wien beobachten können? Wenn ja, welche? (und wie steht Ihr dazu) Die Tangoszene hat sich seit ich dabei bin ( 2002) sehr stark verändert. Einige Milongas gibt es nicht mehr (zB Volksgarten, cheek2cheek, u.a.), viele neue sind entstanden. Die Szene ist in den letzten 3 Jahren merklich gewachsen, viele sind neuer Musik und neuen Tanzstilen gegenüber offener geworden. Das Angebot ist breiter geworden und ich denke verschiedene Geschmäcker finden ihren Platz. In meiner Anfangszeit gab es auch noch viel mehr Resentiments zwischen den Veranstaltern. Auch das hat sich aus meiner Sicht geändert, es gibt wesentlich mehr Kooperation – und meine Erfahrung ist auch dass dort wo kooperiert wird, es auch immer guten Zuspruch aus der Tangoszene gibt. Wobei ich meine dass jeder sein „Ding“ machen soll, Platz ist für alle da, und ob etwas erfolgreich ist oder nicht, entscheiden ohnehin die Tangueras/os... Wie ausgeglichen erlebt Ihr die Beziehung zwischen euch als Tangoveranstalter und den Menschen der Tangoszene bezüglich des Themas: Geben und Nehmen? (finanziell, ideell ..) Diese Frage hat sich für mich so noch nicht gestellt. Ich erwarte mir nichts spezielles zu bekommen, aber natürlich freut es wenn immer wieder mal positives Feedback kommt wie „heute war die Musik besonders schön...“ oder „toll dass ihr euch das antut...“. Grundsätzlich versuchen wir die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, um unser Spendenkonezpt aufrecht zu erhalten. Wenn wir etwas besonderes bieten – besondere Räumlichkeiten wie die Rote Bar und ein Live-Konzert müssen wir natürlich Eintritt verlangen – das ist sich bisher mehr oder weniger immer knapp ausgegangen. Wenn gute Stimmung ist und ich mal einen Moment inne halte und betrachte, denke ich mir oft „ja, das ist Tango...“ dann ist mir das Befriedigung genug – zugegebenerweise gibt es auch die Momente, in denen ich mir denke „wofür mache ich das alles“ :-) Was wünscht Ihr euch in Zukunft von bzw. für der/die Wiener Tangoszene. Wenn Ihr einen Wunsch diesbezüglich frei hättet, weil euch die „Tangofee“ besucht, wie würde dieser Wunsch lauten? Oder geht sich das mit einem Wunsch nicht aus?..... Naja, also wenns die „Tangofee“ geben würde: Ein bisschen mehr Planungssicherheit bei Events die Geld kosten, das beruhigt mehr... damit meine ich Anmeldungen für Workshops oder Vorverkauf für Konzerte, u.ä. Und ein bisschen mehr Verständnis für die „Werbemassnahmen“, vorallem bei Ankündigungen auf Milongas – ich weiss, man kommt zum Tanzen und nicht um irgendjemanden beim Quatschen zuzuhören – aber bei den Milongas erreichen wir halt die meisten Leute, Mails und Flyer lesen ja viele nicht mehr oder nur oberflächlich... Was waren die Highlights und die Tiefpunkte in euer Arbeit für den Tango hier in Wien bzw. Österreich? Was ist gut gelaufen und was nicht? Mein persönliches Highlight was das Konzert letztes Jahr mit Ciudad Baigon. Ich wusste „die sind geil“, war aber nicht so optimistisch dass genug Leute kommen, deswegen haben wir einen nicht allzu großen Saal im WUK gewählt. Dann kamen über 130 Leute, der Raum brechend voll, mitten drin 12 Musiker die unglaublich gespielt haben – das war unglaubliche Stimmung und nach 3 Monaten Vorbereitung stand ich da und dachte mir dauernd „Jetzt gerade passiert es, oh wie cool...“ Der Tiefpunkt war vor 2 Jahren, wir hatten keine passende Location, auf den Milongas waren oft nur 15 Leute und irgendwie sind wir nicht vom Fleck gekommen. Wir waren knapp davor aufzuhören. Wir haben uns zusammengesetzt und meinten, „ok, entweder richtig oder gar nicht“ und haben damals mit der Filmvorführung und Milonga zu „más tango“ nochmals einen Anlauf genommen. Es kamen über 80 Leute und von da an gings bergauf. Was habt Ihr aus eurer Arbeit für den Tango gelernt? Gute Frage. Es hat sich gezeigt dass auch etwas hobby-mässig betriebenes ein Mindestmaß an Professionalität und Qualität benötigt. Dh einerseits muss die Organisation passen, und die Qualtität bei Musik- und Künstlerauswahl. Das Erwartungslevel der Leute ist mittlerweile doch relativ hoch. Viel haben wir als Team gelernt. Martin, Susi und ich sind ja recht unterschiedliche Persönlichkeiten, haben oft auch unterschiedliche Vorstellungen was Musik und Events betrifft. Aber wir haben gelernt Kompromisse zu finden, die keine halben Sachen sind. Und ich glaube das unsere Personen-Kombination wahrscheinlich auch das Charakteristische an der CROSSOVER Milonga ist... Gibt es Pläne zu Veränderung Eurer Aktivitäten den Tango betreffend? Wir hatten 2 Ziele: Mehr Variation in der Musik und mehr Live-Musik auf Milongas. Den Weg werden wir weitergehen. Neben den regelmäßigen Milongas im Sommer im Burggarten oder in verschiedenen Lokalitäten veranstaltet ihr ja auch live – Auftritte z.B. im roten Salon im Volkstheater. Wie sind Eure Erfahrungen mit solchen Veranstaltungen gewesen? Nun, die Rote Bar im Volkstheater war für uns natürlich ein Glücksfall, weil die Räumlichkeiten sensationell sind und es auch tolle organisatorische Rahmenbedingungen gibt. Ein Glücksfall für uns – aber eigentlich für die Wiener Tangoszene – auch deswegen, weil die Direktion des VT dies als kulturelle Erweiterung ihres Angebots sehen, und deswegen auch alles zu finanzierbaren Konditionen bereitstellt. Ansonsten ist in so einer Umgebung in Wien so eine Veranstaltung nicht machbar – vorallem nicht mit Live-Musik. Der Aufwand drumherum ist natürlich höher, aber einmal im Monat machbar. Bisher wurde die Veranstaltung sehr gut angenommen und das VT plant nun auch langfristig mit uns – das ist für so eine Veranstaltung sehr wichtig, weil wiederum Kontinuität wesentlich ist, aber man vorallem Künstler langfristig buchen kann. Wie seht Ihr Euren Einfluß bzw. den Einfluß der anderen Tangoveranstalter hier in Wien auf die Tangoszene? Mein Eindruck ist, dass wir mit der Etablierung der CROSSOVER Milonga (es gibt uns nun bald 4 Jahre) gezeigt haben, dass es auch Platz für Nicht-traditionelle Milongas gibt und wir haben von uns auch immer andere ermutigt auch etwas zu unternehmen und zu veranstalten. Denn mehr Angebot hebt nicht nur die Qualtität der Veranstaltungen sondern zieht auch mehr neue Leute an, und die Tangoszene kann wachsen – und das kommt allen zu Gute. Insofern glaube ich dass wir, wie auch andere Veranstalter, ein Zeichen gesetzt haben. Mehr aber auch nicht. Meine Hoffnung ist dass wir soviel „Einfluss“ haben, um immer wieder das große Spektrum der Tangomusik-Stile aufzeigen zu können. SaTho-Tango Wien
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