Sabine und Thomas (SaTho) im Interview
Sabine und Thomas sind Veranstalter der SaTho-Milonga in Wien, siehe: http://www.satho-tango.at/
Wie seid ihr beide zum Tango gekommen und was hat euch auf
die Idee gebracht Milongas, Practicas und eigene Tango-Workshops, Kurse, etc.
in Wien zu organisieren?
Noch vor Beginn unserer Zusammenarbeit
um den Tango, waren wir beide ziemliche „Bewegungsmenschen“ gewesen. So betrieb
Sabine zuerst Hochleistungssport (Z.B. Turmspringen und später Skiakrobatik), dann
Standardtanz und Formationstanz. Ich hatte früher eine Musicalausbildung und
eine tanzpädagogische Ausbildung im modernen Ausdruckstanz gemacht,
anschließend auch Tanztherapie. Sowohl Sabine als auch ich waren nach der
ersten Begegnung mit dem Tango - unabhängig voneinander, unwiderruflich „infiziert“
worden.
Wir beide sind dann über
den Tango zusammen gekommen und unsere Aktivitäten rund um den Tango wie das
Unterrichten, die Practicas, die Milongas etc. sind aus der Liebe zueinander und zum Tango entstanden. Wir hegen und
pflegen den Tango und sorgen für ihn sehr liebevoll. Wir beide sind unabhängig
vom Tango berufstätig, aber wir verbringen viel Zeit mit dem Tango, bringen uns
beide sehr ausgeglichen in die Tätigkeiten den Tango betreffend ein, und freuen
uns darüber, wie er sich entwickelt und gedeiht.
Worin besteht die Kunst Tangoveranstalter zu sein.
Was ist das Schwierigste als Tangoveranstalter?
Das Tangotanzen selbst wollen wir gerne als eine Kunst betrachten.
Die Tätigkeiten eines Tangoveranstalters höchstens im banalen Sinne, - insofern
das Kunst auch von „können“ kommt - also ein paar Fertigkeiten und Qualitäten
braucht man da schon. Ganz allgemein würden wir sagen, dass Durchhaltevermögen,
organisatorisches Talent, Verlässlichkeit und Gastfreundlichkeit sicher
empfehlenswerte Eigenschaften sind. Je nach Persönlichkeit des Veranstalter
werden dann wohl noch andere Eigenschaften als herausfordernd oder schwierig
empfunden werden. In unserem Fall war es ein Lernprozess, es nicht jedem Recht
machen zu können und nicht alle Erwartungen erfüllen zu können, selbst wenn wir
uns noch so sehr anstrengen. Auch das Umgehen mit Vorurteilen, Loyalitäts – und
Konkurrenzthemen bleibt einem als aktiver gestaltender Teil der Tangoszene
nicht erspart, und ist nicht immer einfach für uns gewesen. Einen geweiteten
Blick für Anliegen und Bedürfnisse der Szene zu haben, und nicht kurzsichtig im
Alleingang vorzugehen, weil man das Ganze aus den Augen verliert, streben wir
immer wieder an. Dass unsere Ansprüche und Anliegen manchmal nur von wenigen
geteilt werden, und dass es viele gibt, die nicht unbedingt mit Angeboten, die
wir ganz toll finden, „beglückt“ werden wollen, mussten wir auch lernen.
Habt ihr eine Veränderung bzw. Entwicklung im Laufe der Jahre in
der Tangoszene hier in Wien beobachten können? Wenn ja, welche? (und wie steht ihr
dazu)
Für uns gibt es ganz offensichtliche Veränderungen. Der Neuzugang
zum Tango hier ist größer als der Abgang. Es werden also zunehmend mehr
Menschen die Tango tanzen. Nicht explosionsartig, aber wie uns scheint stetig.
Die Tangoveranstalter sind mehr geworden, die hiesigen Tangolehrer sind auch
mehr geworden. Somit sind alle Tangoangebote wie die ansässigen Milongas,
Practicas und Kurse mehr geworden. Das betrifft auch die Workshops mit ausländischen Tangolehrern
genauso wie Live-Musik Veranstaltungen. Grundsätzlich stehen wir sehr positiv
zu dieser Entwicklung. Mehr Menschen die Interesse am Tango haben führen zu
vermehrten Angeboten, genauso wie vermehrte Angebote und Aktivitäten den Tango
betreffend wiederum mehr Menschen zum Tango bringen. Gab es lange Zeit hier in Wien
relativ wenig Angebote so scheint es jetzt ein Überangebot zu geben. Es ist
wohl eine natürliche Entwicklung, dass wir manchmal von einem Extrem in ein
anderes kommen und erst mit der Zeit sich ein „gesundes“ Gleichgewicht
einstellen kann.
Wie ausgeglichen erlebt ihr die Beziehung zwischen euch als
Tangoveranstalter und den Menschen der Tangoszene bezüglich des Themas: Geben
und Nehmen? (finanziell, ideell ..)
Der Tango hat für uns etwas Verzauberndes. Wenn sich die Menschen in
unserer Milonga, wie wir es oft erleben dürfen, wohl fühlen, gibt uns das
ungeheuer viel. Diese bezaubernde und verzaubernde Atmosphäre ist wie eine
andere Welt, zu der wir beigetragen haben, und die uns voll erfasst. Das ist
wunderschön. Das möchten wir nicht mehr missen! Finanziell gesehen ist unsere
Milonga kein Verdienst. Anders verhält es sich mit dem Tangounterricht. Da genießen
wir beide sehr unsere Zusammenarbeit und unsere Auseinandersetzung besonders
mit methodischen Fragen. Diese Tätigkeit ist sehr befriedigend. Unglaublich, wie
viel wir dabei lernen können und wie schön es ist bei den Schülern Fortschritte
zu sehen und dabei auch noch Geld zu verdienen.
Was wünscht ihr euch in Zukunft von bzw. für der/die Wiener
Tangoszene. Wenn ihr einen Wunsch diesbezüglich frei hättet, weil euch die
„Tangofee“ besucht, wie würde dieser Wunsch lauten? Oder geht sich das mit
einem Wunsch nicht aus?...
Wir wünschen uns eine Zunahme an Toleranz und Akzeptanz – z.B. ein
Ende der oft anzutreffenden feindseligen Haltung zwischen sogenannten
„Milongueros“ und „Tango-Nuevo“ Tänzern. Da handelt es sich um reine
Vorurteile, basierend auch auf Unwissen. In der Oktoberausgabe der Wiener
Zeitschrift el tango, herausgegeben von Otto Eder, wird es zu diesem Thema
einen Beitrag von Thomas geben. Betrachtet man historische Materialien, ob Spielfilme
oder Dokumentationen über den Tango, wird man sowohl weitere als auch engere
Umarmung sowie auch den spielerischen Wechsel zwischen diesen Tanzstilen
feststellen können. Wir wünschen uns vermehrte Bemühungen im Kreis der
Tangoveranstalter, uns eingeschlossen, um solchen oder ähnlichen Vorurteilen
begegnen zu können. Tangoveranstalter haben eine Verantwortung und sollen sich
auch ihres Einflusses bezüglich Meinungsbildung bewusst sein. Sie können
dahingehend Einwirken, die Szene in Lager zu spalten oder sie zu einen. Es soll
ein Miteinander und kein Gegeneinander sein. Demgemäß wünschen wir uns auch
immer wieder Kooperationen und Absprachen mit den anderen Tangoveranstaltern.
Einer „Tangofee“ gegenüber würden wir auch den Wunsch äußern dafür zu sorgen,
dass diffamierenden Gerüchte nicht entstehen können. Wir haben da sehr
schlechte Erfahrungen gemacht. Tatsächlich hatte jemand folgendes Gerücht
verbreitet: „Zu den Sathos braucht man gar nicht mehr gehen, seit die aus
Buenos Aires zurück sind, spielen die nur mehr untanzbare Musik (der Betreffende
meinte elektronische Tangomusik).“ Tatsächlich war ein Paar wegen dieser
falschen Information für Wochen nicht mehr zu unserer Milonga gekommen, bis es
beschlossen hatte, sich selbst ein Bild zu machen. Das Paar war dann ganz
erstaunt darüber, dass wir nach wie vor aus Überzeugung wunderschöne
traditionelle Tangos spielen. Nach dieser Erfahrung wünschen wir uns auch, dass
die Menschen der Tangoszene sich gleich selbst ein Bild machen, anstatt sich
von Gerüchten beeinflussen zu lassen.
Was waren die Highlights und die Tiefpunkte in eurer Arbeit für
den Tango hier in Wien bzw. Österreich? Was ist gut gelaufen und was nicht?
Wenn die Menschen zu uns
kommen und sich für das, was wir getan hast
persönlich bedanken, ist das ein besonderes Erlebnis.
Das war erst
kürzlich bei der Milongafahrt nach Neuhaus (Tschechien) der Fall.
Ebenfalls
beim Tangosommer Reindlmühl im Salzkammergut, den wir
mitorganisiert haben. Auch
bei den Milongas bekommen wir viele positive Rückmeldungen was die
Musik und
die Gestaltung überhaupt betrifft. Enttäuschend waren
für uns die Practicas mit
vorausgehenden Dokumentationen über die Geschichte der Tangomusik
oder des
Tangotanzes. Da war der Besuch sehr spärlich. Sabine hat viel Zeit
und Arbeit
mit dem Schneiden und Zusammenstellen solcher Dokumentationen
verbracht, ebenso
für die Gestaltung und die deutschen Übersetzungen der
Beihefte zu den Videos. Es gibt leider nur eine handvoll Leute,
die
sich dafür interessieren. Unser Auftritt diesen Sommer im Theater
am
Spittelberg gemeinsam mit Sergio Cattaneo, Maria Großlerchner,
Ulli und Gerhard
sowie Luciano und Traude war ein besonders schönes Erlebnis
für uns. Wir haben
uns wie in einer Familie gut aufgehoben gefühlt. Offensichtlich
haben das auch
Zuschauer bemerkt gehabt und es gab Rückmeldungen wie: „Da
ist in Wien ein
wichtiger Schritt in Richtung Einigung der Tangoszene gelungen“.
Was habt ihr aus eurer Arbeit für den Tango gelernt?
Was der Tango außer
dem Tanz noch alles bringen kann. Damit meinen
wir z.B. die Auseinandersetzung mit der Musik, die alleine schon wegen
der DJ-Tätigkeit
notwendig ist und so bereichernd ist. Oder die völkerverbindende
Dimension des
Tangos, die bereichernden Kontakte, die über den Tango entstanden
sind. Aber auch, daß es Dinge gibt, die einfach Zeit
brauchen in der Tangoszene um sich zu entwickeln.
Gibt es Pläne zu Veränderung eurer Aktivitäten den Tango
betreffend?
Wir haben beschlossen in nächster Zeit solche Angebote wie unsere
Practica Caminito, die wir in Kooperation mit Jorge Bosicovich und Andrea
Seewald angeboten haben einzustellen. Das Besondere an dieser Practica waren
z.B. die vorausgehenden Film - Dokumentationen über die verschiedenen
Musikinterpretationen der verschiedenen Orchestern Wir dachten wir würden eine
Lücke füllen durch solche Angebote, da in den letzten Jahren niemand unseres
Wissen nach solche Angebote gesetzt hatte. Wir haben uns getäuscht. Ganz wenige
sind daran interessiert. Solche Sachen werden wir in Zukunft nur mehr im privaten
Kreis veranstalten. Eine weitere Veränderung haben wir vor kurzem beschlossen. Wir
werden in nächster Zeit keine Sonntagsmilonga mehr veranstalten. Die Wahl, als
wir mit den Milongas begannen war deshalb auf den Sonntag gefallen, weil an
diesem Tag oft keine Milonga in Wien stattfand. Dieser Vorteil, den die
Sonntagsmilonga ursprünglich gebracht hatte, war mit einer anderen nun
wöchentlich stattfindenden Sonntags-Milonga nicht mehr gegeben. Wir machen also
nun mehr die Milongas an Samstagen. In Zukunft werden wir uns also am Sonntag
nach der Milonga ausschlafen können und dann gemütlich unsere weichen Eier
essen, und uns in Erinnerungen an den vorangehenden Abend ergehen, anstatt wie
früher Montag früh um 6 Uhr aufzustehen um dann todmüde in die Arbeit zu
wanken. Auch die Film-Mitschnitte von unseren Milongas werden wir grundsätzlich
nicht mehr machen. Wir berücksichtigen damit so manche Stimmen aus der
Tangoszene. Auf jeden Fall wollen wir den nächsten Tangosommer Reindlmühl im
Salzkammergut mit-veranstalten und dort auch Workshops halten. Zusätzlich zu
unseren laufenden Kursen wollen wir auch immer wieder regelmäßig Wochenend-Workshops
anbieten. Die weitere Organisation von Reisen zu Milongas über die Wiener
Stadtgrenze hinaus können wir uns auch gut vorstellen. Im Oktober wird es im
neuen „el tango“ von Otto Eder herausgegeben, auch zwei Beiträge von Thomas
geben. Ach ja, eine kleine anonyme Befragung der Tangoszene möchten wir auch
demnächst durchführen. Dies stellt dann sozusagen das Gegenstück zur Befragung
der Tangoveranstalter dar. Wir erhoffen uns dadurch die Bedürfnisse und
Anliegen der Tango-Szene hier in Wien besser kennen zu lernen, so dass diese
von allen Tangoveranstaltern besser berücksichtigt werden können. Ein
Zukunfts-Traum von uns „Sathos“ wären auch gemeinsame Aktionen mit allen
Tangoveranstaltern und den Tangotänzern zu starten. Was wäre denn mit einem
Wiener „Tag des Tangos“, wo die ganze Innenstadt mit Tango belebt wird ….etc. -
und - wir sind überzeugt, dass uns noch Einiges, von dem wir jetzt noch nichts
wissen einfallen wird.
Wie seht ihr euren
Einfluss bzw. den Einfluss der anderen Tangoveranstalter hier in Wien auf die
Tangoszene?
Jeder Tangoveranstalter
trägt zur Buntheit der Tangoszene bei und gibt ihr neue Impulse. Die Wirkung
einer konstruktiven Konkurrenz trägt zur
Qualitätssicherung bei.
SaTho-Tango Wien
info@satho-tango.at
Sabine Klein +43/699 11 04 43 20
Thomas Mayr
+43/699 10 33 58 20
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